Check: Zwischen Anspruch und Wirklichkeit
Am Wochenende startet die englische Premier League in die neue Saison. weltfussball nimmt die 20 Mannschaften ins Visier. Im vierten Teil geht es um die vermeintlich "zweite Reihe", die ambitioniert nach oben schielt.
Die ersten Spiele: Manchester United (A); Stoke City (H); Leicester City (A)
Top-Neuzugänge: Toby Alderweireld (Atlético Madrid/16 Mio.); Kevin Wimmer (1. FC Köln/7 Mio.); Kieran Trippier (Burnley/5 Mio.)
Neuer Anlauf, alte Ansprüche: Tottenham peilt wieder einmal den Sprung unter die ersten Vier an. Nachdem man zuletzt als 5., 6. und 5. einlief, soll es nun endlich etwas mehr sein. Als wäre das nicht schon ambitioniert genug, setzt Mauricio Pochettino noch einen drauf: "Wir wollen die Lücke zu Chelsea schließen", sagt der Teammanager – ungeachtet dessen, dass die Blues in der Vorsaison als Meister 23 Punkte vor den Spurs und drei weitere Teams dazwischen lagen...
Bei der Planung für die neue Spielzeit hat Pochettino immerhin erkannt, wo er ansetzen muss: Während die Offensive rund um Harry Kane und Christian Eriksen einer Spitzenmannschaft würdig ist, haperte es im Vorjahr vor allem am Toreverhindern. Nur vier Premier-League-Teams kasssierten mehr Gegentore als die Spurs (53). Entsprechend wurde mit Alderweireld, Wimmer und Trippier hauptsächlich in Abwehrspieler investiert.
Ob hinzugekaufte Qualität ausreichen wird, um die Defensive zu stabilisieren, muss sich herausstellen. Im enorm offensiven System von Pochettino wurden die Verteidiger häufig alleine gelassen. Wenn Tottenham in die Phalanx der großen Vier vorstoßen will, muss der Spielstil ausgewogener und je nach Gegner flexibler werden.
Player to watch: Harry Kane.
31 Pflichtspieltore, Debüt bei den Three Lions, gekrönt mit einem Treffer nur wenige Sekunden nach seiner Einwechslung – Kane war der Shootingstar der vergangenen Saison. Der 21-Jährige steht sinnbildlich für die Hoffnung auf neue große Erfolge des englischen Fußballs. Entgegen vieler Spekulationen blieb der Angreifer bei den Spurs. Dort steigt der Druck nun natürlich um ein Vielfaches, er wird an seinem starken Vorjahr gemessen werden.
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Die ersten Spiele: Stoke City (A); AFC Bournemouth (H); Arsenal (A)
Top-Neuzugänge: Christian Benteke (Aston Villa/47 Mio.); Roberto Firmino (1899 Hoffenheim/41 Mio.); Nathaniel Clyne (Southampton/18 Mio.)
Um ein Thema kommt man nicht herum: Steven Gerrard. Die lebende Legende ist weg und hat spielerisch, vor allem aber emotional ein riesiges Loch gerissen. Das passt zur ohnehin schon vorhandenen Katerstimmung an der Anfield Road. Eine von Inkonstanz geprägte Saison endete mit einem enttäuschenden sechsten Platz.
Es ist beinahe ein Wunder, dass der Teammanager noch im Amt ist. Brendan Rodgers steht jedoch unter Druck wie noch nie seit seinem Amtsantritt 2012. Seine Situation sieht er realistisch: "Wenn ich gebeten werde zu gehen, gehe ich. Aber niemand ist auf mich zugekommen, also gebe ich Vollgas."
Auf dem Transfermarkt sucht er die Flucht nach vorne. Vor allem in der Offensive haperte es in der Vorsaison (Gerrard mit neun Toren bester Schütze). Also investierte Rodgers und verpflichtete unter anderem Christian Benteke und Roberto Firmino für unglaubliche Summen. Ob die beiden das Geld sofort rechtfertigen werden? Spannend. Auch auf dem ablösefrei verpflichteten James Milner ruhen große Hoffnungen.
Insgesamt wird es ein schwieriger Spagat: Eine neue Hierarchie muss sich bilden, die Neuzugänge müssen integeriert werden, gleichzeitig müssen Youngster wie Coutinho oder Emre Can den nächsten Schritt machen. Sollte sich der Erfolg nicht schnell einstellen, dürfte die Geduld mit Rodgers früh vorbei sein. Die Tendenz geht eher in Richtung erneutes Verpassen der Champions League.
Player to watch: Jordan Henderson.
Schon in der vergangenen Spielzeit hat sich der Stellenwert des zentralen Mittelfeldspielers erhöht. Nach dem Abgang von Gerrard kommt ihm nun die schwierigste aller Aufgaben zu: Er muss als neuer Kapitän in dessen riesige Fußstapfen treten. Der Erfolg der Liverpool-Saison wird auch davon abhängen, wie gut Henderson das Spiel ordnen und führen kann.
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Die ersten Spiele: Newcastle United (A); Everton (H); Watford (A)
Top-Neuzugänge: Jordy Clasie (Feyenoord/12 Mio.); Juanmi (Málaga/7 Mio.); Cédric Soares (Sporting/7 Mio.)
Aufstieg, 14., 8., 7. - zuletzt ging die Entwicklung der Saints steil bergauf. Speziell seitdem Ronald Koeman das Team im vergangenen Sommer übernahm, schien es noch einmal einen Sprung zu machen. Das laufintensive Pressing, schnelle Umschaltspiel und der schnörkellose Abschluss machten Southampton zu einer der größten Überraschungen. Noch einmal solch eine Saison zu spielen, wird nicht einfach. Zumal der Klub wie auch schon im Sommer 2014 seine wichtigsten Spieler abgeben musste: Morgan Schneiderlin, Nathaniel Clyne und Toby Alderweireld hinterließen eine Lücke.
Diese soll jedoch nicht durch Aktionismus gefüllt werden, sondern durch eine ruhige Hand und weitsichtige Transfers. Jordy Clasie war Führungsspieler bei Feyenoord und kennt Trainer Koeman bestens von ebendort. Juanmi ist ein entwicklungsfähiger Angreifer, dazu kamen mit Cédric Soares und Cuco Martina Verstärkungen für die Defensive. Offensiv erwartet sich Koeman einen weiteren Leistungssprung von Sadio Mané. Der Senegalese hat für viele das Zeug dazu, einer der besten Flügelstürmer der Liga zu sein. Auch spannend wird sein, ob Jay Rodriguez nach seiner langen Verletzungspause (Kreuzbandriss) wieder zu alter Form findet.
Wenn sich das Team findet und schnell ein Rädchen ins andere greift, ist eine Bestätigung des einstelligen Tabellenplatzes möglich. Weiter nach oben wird es aber nicht gehen.
Player to watch: José Fonte.
In der defensiven Zentrale war der Portugiese schon letzte Saison ein Fels in der Brandung. Nach dem Abgang seines Nebenmannes Toby Alderweireld ist es umso mehr am 31-Jährigen, seine wichtige Rolle wahrzunehmen und die Verteidigung anzuführen.
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Die ersten Spiele: Watford (H); Southampton (A); Manchester City (H)
Top-Neuzugänge: Deulofeu (FC Barcelona/6 Mio.); David Henen (Olympiakos Piräus/0,3 Mio.); Tom Cleverley (Manchester United/ablösefrei)
In der letzten Saison erlebten die Toffees, wie schwierig es sein kann, die Leistungen einer starken Vorsaison (5. in 2013/2014) zu bestätigen. Bis in den März hinein war sogar ein Abstieg regelmäßig Thema. Erst ein kleiner Zwischensprint mit fünf Siegen aus sechs Spielen sicherte den Mittelfeldplatz.
Ohne die aufreibenden Europareisen unter der Woche sollte die Tendenz wieder nach oben zeigen, zumal das Grundgerüst im Kader stimmt. Mit John Stones, Phil Jagielka, Leighton Baines und Séamus Coleman hat Everton eine der besten Viererketten der Liga. Auch auf den anderen Positionen stimmt die Mischung.
In Tom Cleverley und Gerard Deulofeu hat Teammanager Roberto Martínez das Mittelfeld sinnvoll verstärkt. Der Spanier spielte sich bereits während des Leihgeschäfts vor zwei Jahren ins Herz der Everton-Fans. "Er braucht keine Eingewöhnungszeit. Er wird sofort eine Führungsrolle übernehmen", freut sich Martínez.
Eine bessere Saison als die vergangene ist wahrscheinlich. Ohne den Kräfteverschleiß und die Verletzungen von Schlüsselspielern ist ein Schnuppern an Europa wieder möglich. Bislang fehlt es dem Kader zwar noch an Breite, Martínez kündigte aber an, dass sich im August noch einiges tun werde.
Player to watch: John Stones.
Dem 21-Jährige ist in der vergangenen Saison endgültig der Durchbruch gelungen. Er gilt als größtes Innenverteidiger-Talent Englands. Kein Wunder, dass sich unter anderem Chelsea und United darum reißen, ihn noch im Sommer zu verpflichten. Bislang blieb Martínez hart, erklärte Stones trotz gigantischer Gebote für unverkäuflich. Sollte er tatsächlich bleiben, könnte er das Gesicht der Mannschaft entscheidend prägen.
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Mehr dazu:
>> 1. Teil: Leicester, Bournemouth, Watford, Norwich
>> 2. Teil: Crystal Palace, West Bromwich, Aston Villa, Sunderland
>> 3. Teil: Swansea, Stoke, West Ham, Newcastle
>> 4. Teil: Tottenham, Liverpool, Southampton, Everton
>> 5. Teil: Chelsea, ManUnited, ManCity, Arsenal
Jochen Rabe
