03.06.2015 15:02 Uhr

Mukhtar: Abwechslung vom grauen Alltag

Hany Mukhtar (l.) ist ein Hoffnungsträger der deutschen U20
Hany Mukhtar (l.) ist ein Hoffnungsträger der deutschen U20

Vom gefeierten Helden in die Versenkung und zurück: Die letzten Monate von Hany Mukhtar waren eine Achterbahnfahrt. Nach einer enttäuschenden Saison auf Vereinsebene will der 20-Jährige mit Deutschland nun die U20-WM gewinnen – und sich damit für höhere Aufgaben empfehlen.

Tatort Szusza-Ferenc-Stadion in Budapest am 31. Juli 2014: Nach einem Sprint zur rechten Eckfahne flankt Marc Stendera an den Fünfmeterraum. Dort hat sich Hany Mukhtar gelöst und drückt das Leder zum 1:0 über die Linie. Es ist das goldene Tor im Finale, Deutschland ist U19-Europameister. Mukhtar ist der große Held.

Für den Berliner Jungen ist es bis dahin nur bergauf gegangen. Im Alter von sieben Jahren war er zu Hertha BSC gewechselt. Von da an hatte er dort die gesamte Jugendabteilung durchlaufen mit dem Höhepunkt der deutschen B-Junioren-Meisterschaft 2012. Zwei Jahre später lässt er nun also mit der U19-Auswahl des DFB den nächsten Titelgewinn folgen.

Erneut im Fokus

Ziemlich genau zehn Monate später steht Mukhtar wieder bei einem großen Turnier im Mittelpunkt: Zum Auftakt der U20-WM in Neuseeland markiert der mittlerweile 20-Jährige beim 8:1 gegen Fidschi einen Dreierpack und trägt seinen Teil zum perfekten Start des DFB-Teams bei.

Auf den ersten Blick ist es eine logische Fortentwicklung der letzten Jahre. Ein genauer Blick zeigt jedoch: Die Tendenz zeigte in den letzten Monaten nicht mehr so steil nach oben. Stattdessen hat Mukhtar ein schwieriges Jahr hinter sich.

Ambitionen bei Hertha

Euphorisiert durch den Titelgewinn bei der U19-EM, wollte der offensive Mittelfeldspieler auch bei Hertha angreifen. An Selbstbewusstsein fehlte es dem Youngster nicht: Er hatte Stallgeruch und die nötigen Anlagen, dazu waren offensive Alternativen wie Alexander Baumjohann oder Tolga Ciğerci verletzt. Eigentlich stimmten alle Voraussetzungen für einen Durchbruch.

Und doch kam er unter Jos Luhukay nicht zum Zuge. Nur sechs Einsätze in der Regionalliga-Mannschaft hatte er auf dem Konto, kein einziges Mal durfte er in der Hinrunde Bundesligaluft schnuppern. "Durch die U19-EM habe ich die Vorbereitung verpasst. Im Laufe der Vorrunde wurde es immer schwerer für mich, ins Team zu kommen", erinnert sich Mukhtar.

Die Situation für den ambitionierten Jungprofi war kompliziert. Einerseits gab es Verstimmungen mit Luhukay und keine Einsatzminuten, andererseits galt er als eines der größten Talente der vergangenen Jahre und ihm lag ein unterschriftsreifes Angebot zur Verlängerung seines im Sommer 2015 auslaufenden Vertrags vor.

Wechsel zu Benfica

Als in dieser Phase die Anfrage von Benfica kam, musste Mukhtar nicht lange überlegen. Er verließ die Hertha und wollte im Ausland neue Erfahrungen sammeln. Mitte Januar war der Wechsel schließlich perfekt, 500.000 Euro ließ sich der portugiesische Meister die Dienste des Offensivmannes kosten.

Nach einer halben Saison in Portugal liest sich die Bilanz jedoch ebenfalls mager: 15 Minuten durfte er in der A-Mannschaft ran, auf 90 Minuten brachte er es bei Benfica B in der zweiten Liga. Dennoch zieht der 20-Jährige ein positives Zwischenfazit: "Natürlich will man immer spielen. Aber das Training mit einem Topteam wie Benfica tut mir gut. Ich werde Gas geben und schauen, was in der neuen Saison passiert. Das erste halbe Jahr war zum Anpassen. Wenn man ins Ausland geht, braucht man eine gewisse Zeit, um sich umzustellen."

Fehlende Spielzeit bei Hertha hat er durch fehlende Spielzeit bei Benfica eingetauscht. Die einzige Spielpraxis holte er sich zuletzt über ein Spielersatztraining: "Wir treten dienstags gegen andere portugiesische Teams an - das hilft den Ersatzspielern, im Spielrhythmus zu bleiben."

Was wäre gewesen, wenn...?

Mukhtar ist bemüht, die positiven Aspekte seines Wechsels herauszustellen. Doch seine steile Karriere ist im letzten Jahr zweifelsohne ins Stocken geraten. Und sicher wird der Ex-Berliner auch die Entwicklungen bei der Hertha beobachtet und sich gefragt haben, was passiert wäre, wenn er geblieben wäre. Nur 20 Tage nachdem er vor Luhukay geflüchtet war, wurde dieser nämlich entlassen und durch Pál Dárdai ersetzt, der auf junge Spieler setzt und womöglich auch ihm zu Einsätzen verholfen hätte.

Alles hinfällige Spekulation, Mukhtar ist nun Spieler von Benfica und dort will er sich beweisen: "Für mich geht es erst einmal darum, gesund zu bleiben und mich dann Schritt für Schritt weiter zu entwickeln."

Bereits von sich überzeugt hat er U20-Nationaltrainer Frank Wormuth. Bei der WM in Neuseeland ist er eine feste Stütze. Mit seinem Dreierpack gegen Fidschi hat er diesen Status untermauert. Das DFB-Team ist für Mukhtar eine willkommene Abwechslung vom zuletzt eher enttäuschenden Alltag.

Und wer weiß: Vielleicht schreibt er am 20. Juni 2015 im North Harbour Stadium mal wieder ein strahlendes Kapitel in seine Karrieregeschichte.

Mehr dazu:
>> U20-WM - Deutschland vs. Usbekistan (Donnerstag ab 09:00 Uhr im Liveticker)

Jochen Rabe

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