03.06.2015 11:57 Uhr

Rampenlicht: Der Schritt zurück zum Glück

Cenk Tosun sorgt in der Süper Lig für Furore
Cenk Tosun sorgt in der Süper Lig für Furore

Viele bekannte Gesichter spielen weitgehend unbeachtet von der deutschen Presse im Ausland. Heute blickt weltfussball auf einen tunesischen Derbyhelden, einen Hitzkopf im kühlen Skandinavien und einen Frankfurter am Bosporus.

In den Köpfen der leidgeplagten Hertha-Fans weckt dieser Tag wohlige Erinnerungen: Wir schreiben den 14.02.2009, das ausverkaufte Olympiastadion ist Schauplatz des Spitzenspiels zwischen der damals von Lucien Favre trainierten Berliner Elf und dem FC Bayern München. Die Hauptstadt befindet sich in kollektiver Ekstase, als Torgarant Andriy Voronin doppelt zum 2:1-Sieg über den Rekordmeister trifft - die Hertha ist plötzlich Tabellenführer! Als der Ukrainer in der Nachspielzeit den Platz verlässt, brandet ohrenbetäubender Jubel auf. In der Feierstimmung geht ein wenig unter, wer den Publikumsliebling ersetzt. Es ist Amine Chermiti, ein 21-jähriger Tunesier, der im Vorsommer mit großen Vorschusslorbeeren zur "Alten Dame" gewechselt war.

Ursprünglich war dem Angreifer eine wichtige Rolle im Hertha-Sturm zugedacht, doch das Innenband des Knipsers, der in der heimischen Liga für Furore gesorgt hatte, machte einen Strich durch die Hoffnungen aller Beteiligten. In seinem vierten Pflichtspiel für die Berliner verletzte sich Chermiti so schwer, dass sich der Klub zum Handeln gezwungen sah. Am letzten Tag der Transferperiode kam deshalb Voronin aus Liverpool an die Spree, der Rest ist Geschichte.

Kontrastprogramm in der Alpenrepublik

Nach einem Jahr voller Rückschläge trennten sich die Wege des introvertierten Tunesiers und des Hauptstadtclubs wieder. Chermiti versuchte den Neustart bei Al-Ittihad in Saudi-Arabien, doch nach gerade einmal zwölf Monaten in der Wüste zog es ihn zurück nach Europa.

Beim FC Zürich waren die Verantwortlichen von den Fähigkeiten des Nordafrikaners überzeugt und statteten ihn mit einem 4-Jahres-Vertrag aus. Mit Erfolg: Mittlerweile hat der Tunesier stolze 30 Treffer in 108 Ligaspielen vorzuweisen. Zwei ganz wichtige Tore kamen am vergangenen Wochenende hinzu: Beim 4:2-Derbysieg gegen die Grasshoppers traf der Ex-Herthaner doppelt und schoss sein Team so auf Rang 3 der Abschlusstabelle. Frenetisch bejubelt von den FCZ-Fans feierten die Spieler nach Schlusspfiff ihren Prestigesieg. Mittendrin: Amine Chermiti. Die Zeiten als Partygast sind vorbei!

Neustart in der skandinavischen Provinz

Ein ganz anderer Charakter als Chermiti ist der ehemalige Schalker Marvin Pourie, der aktuell in Dänemark bei SønderjyskE sein Geld verdient. Schlägereien mit Teamkollegen, Trainingsboykott, Lustlosigkeit - die Liste der Verfehlungen des Hitzkopfs war lang. Während seines kurzen Gastspiels bei 1860 München äußerte sich der damalige Löwen-Coach Uwe Wolf wie folgt zu Pourie: "Der lässt sich einfach nix sagen. Als junger Spieler muss ich mich auch hochdienen. Und auch wenn einer selbstbewusst ist – in Überheblichkeit darf das natürlich nicht ausarten".

Das ramponierte Image des Spielers schreckte den dänischen Club Silkeborg IF, der Porie im Sommer 2011 holte, nicht ab. Mit starken 23 Treffern in zwei Jahren zahlte der Ex-Schalker das Vertrauen zurück. Es folgte jedoch kein Happy-End, sondern weitere Missverständnisse in Kopenhagen und Belgien. Erst in der laufenden Spielzeit fand der abschlussstarke Mittelstürmer seinen Torriecher wieder, mit respektablen neun Treffern verhalf er dem kleinen Verein Sønderjysk Elitesport unlängst zum Klassenerhalt in der Superliga.

Ein Hesse verblüfft die Süperlig

Was Pourie nie gelang, schaffte Cenk Tosun im Mai 2010. Der Deutsch-Türke feierte am letzten Spieltag der Saison 09/10 sein Bundesligadebüt für Frankfurt. Allein – es blieb bei diesem einen Einsatz in der deutschen Eliteklasse. In der Folge durfte der kantige Stürmer nur noch in der Regionalliga ran. Eine Tatsache, über die sich Heribert Bruchhagen und Co. heute ärgern dürften.

Im Winter 2010 wurde der türkische Erstligist Gaziantepspor auf den hochveranlagten Torjäger aufmerksam. Dreieinhalb ausgesprochen erfolgreiche Jahre in Südostanatolien brachten Tosun schließlich die Erfüllung zweier Kindheitsträume: Im Oktober 2013 durfte er erstmals für die A-Nationalmannschaft der Türkei ran, nur wenige Monate später gab sein Herzensclub Beşiktaş die Verpflichtung des Angreifers zur neuen Saison bekannt. Am vergangenen Freitag netzte Tosun für die Adler zum fünften Mal in dieser Saison. Eine Erfolgsstory, die noch lange nicht zu Ende sein dürfte!

Heiko Lütkehus

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