05.03.2015 13:00 Uhr

Carlos Tévez: Zwischen Genie und Wahnsinn

Immer für eine Schlagzeile gut: Carlos Tévez
Immer für eine Schlagzeile gut: Carlos Tévez

Sportlich sind die Leistungen von Carlos Tévez über (fast) jeden Zweifel erhaben. Sein Weg zum Stürmer mit Prädikat "Weltklasse" war dennoch beschwerlich. Auch weil er sich mehr als ein Mal selbst im Weg stand.

Die blanken Zahlen lesen sich alles andere als beeindruckend: magere 36 Ballkontakte, 70 Prozent verlorene Zweikämpfe und eine Laufleistung von nur 9,09 Kilometern in 90 Minuten – und doch reichte es im Champions-League-Achtelfinale gegen Borussia Dortmund für ihn zum Titel "Man of the match". 

Auch fünf Tage später im Spitzenspiel gegen die Roma war von Carlos Tévez nur wenig zu sehen. Bis er per Freistoß wunderschön zum 1:0 traf und den Weg zum 1:1-Endstand und womöglich dem vierten Scudetto in Folge ebnete.

Der 31-jährige Argentinier zeigt in diesen Tagen eindrucksvoll, warum er im Laufe seiner Karriere zwei Transferrekorde gebrochen, reihenweise Titel abgeräumt und mehr als 200 Pflichtspieltore geschossen hat. Ginge es nur nach den sportlichen Fähigkeiten, ist Carlos Tévez über nahezu jeden Zweifel erhaben. Und doch liegt ein Schatten über der Laufbahn des Vollblutstürmers.

Eskapaden, Skandale und Strafen

Immer wieder produzierte der "Apache" im Laufe seine Karriere Negativschlagzeilen. Manchmal ohne eigenes Zutun, oftmals jedoch selbstverschuldet. Die Liste seiner Verfehlungen ist lang. Vom Fahren ohne Führerschein bis hin zu einer noch nie dagewesenen Arbeitsverweigerung war Tévez in den vergangenen Jahren regelmäßig Gegenstand kurioser Geschichten, wie ein Rückblick auf seine bewegte Laufbahn zeigt:

  • Januar 2005: Der 21-jährige Tévez wechselt für die Rekordsumme von 18 Millionen Euro zu den Corinthians nach Brasilien. Sportlich läuft es für den Stürmer auf Anhieb rund, doch nach nur anderthalb Jahren überwirft er sich mit der Vereinsführung und weigert sich, weiterhin für den Klub aufzulaufen.
     
  • August 2006: Tévez und Javier Mascherano "flüchten" aus Brasilien und unterschreiben in einer Nacht- und Nebelaktion bei West Ham United. Die bis heute unbekannte Ablöse kommt nie bei den Corinthians an, fließt stattdessen in die Tasche zweier Investmentfirmen, die eng mit dem brasilianischen Klub und beiden Spielern zusammenarbeiten. Nach der Saison 2006/07 verurteilt die FA die Londoner wegen der illegalen Beteiligung Dritter zu einer Strafzahlung in Höhe von 7,5 Millionen Euro.
     
  • Juli 2007: In jener Saison sind es auch die Tore von Carlos Tévez, die West Ham den Klassenerhalt ermöglichen. Leidtragender Klub ist Sheffield United, der in die zweite Liga absteigt. Sheffield reicht mit Berufung auf den illegalen Transfer Klage ein und bekommt recht. Die Hammers müssen United über einen Zeitraum von fünf Jahren insgesamt 27,5 Millionen Euro als Kompensation für den Abstieg und entgangene TV-Gelder zahlen.
     
  • August 2007: Tévez wird für zwei Jahre an Manchester United verliehen. Gemeinsam mit Cristiano Ronaldo und Wayne Rooney avanciert er zum Publikumsliebling und holt mit den Red Devils sechs Titel. West Ham und Manchester einigen sich auf eine feste Verpflichtung, doch in letzter Sekunde springt der Argentinier ab. Er habe sich nicht wohl gefühlt, weil es "zu viel große Egos im Verein gab", erklärt er später. Tévez verlässt sein Mietshaus Hals über Kopf und hinterlässt ganz nebenbei einen Sachschaden von mehr als 40.000 Euro.​
     
  • Juli 2009: Der Argentinier entscheidet sich für den "verbotenen Wechsel" zu Manchester City, was sie ihm auf der anderen Seite der Stadt noch heute übel nehmen. 65 Millionen Euro überweisen die Citizens und sorgen damit für einen neuen Premier-League-Rekord. In 64 Ligaspielen für die Citizens erzielt Tévez 43 Tore. Er steigt zum Top-Verdiener auf und trägt das Team in seiner zweiten Saison zum ersten Titel (FA-Cup).
     
  • September 2011: Der Stürmer verweigert im Champions-League-Gruppenspiel in München seine Einwechslung. Der Verein zieht ihn sechs Monate aus dem Verkehr und verdonnert ihn zu einer saftigen Strafe. Insgesamt 12,8 Millionen Euro soll ihn seine Verfehlung gekostet haben. Der Klub begnadigt Tévez, an seine Leistungen aus den ersten beiden Jahren kann er aber nie wieder anknüpfen. Selbst ein vorzeitiges Karriereende steht im Raum.
     
  • April 2013: Carlito schreibt sein letztes unrühmliches Kapitel auf der Insel. Er wird mit seinem Porsche beim Fahren ohne Führerschein und ohne gültige Versicherung erwischt. Die Strafe: 250 Sozialstunden und ein sechsmonatiges Fahrverbot.
     
  • Sommer 2013: Der mittlerweile 29-Jährige unterzeichnet einen Dreijahresvertrag bei Juventus Turin. Als bekannt wird, dass er die Rückennummer des legendären Alessandro del Piero tragen soll, laufen die Fans Sturm. Die Verantwortlichen der Alten Dame schenken ihm das Vertrauen und Tévez zahlt es mit 19 Tore in 34 Ligaspielen zurück. Die Hoffnung auf eine WM-Nominierung erfüllt sich allerdings nicht.

Heute, in seiner zweiten Saison bei den Bianconeri, haben sie den 31-Jährigen längst lieb gewonnen. Die Eskapaden und Negativschlagzeilen der Vergangenheit sind vergessen. Obwohl Tévez das Angebot einer Vertragsverlängerung bereits ausschlug, will Generaldirektor Guiseppe Marotta alle Hebel in Bewegung setzen, um den "Apachen" weiterhin zu halten. "Wenn es nach uns geht, bekommt er einen Blankocheck."

Die nächste Chance, Werbung in eigener Sache zu betreiben, bekommt der Stürmer im Pokalhalbfinale gegen Mario Gómez und die verhasste Fiorentina (ab 20:45 Uhr im weltfussball-Liveticker). Sollte er im dritten wichtigen Spiel in Folge treffen und Juventus auch gegen den Erzrivalen zum Erfolg tragen, würden ihm die Fans endgültig zu Füßen liegen.

Mehr dazu:
>> Juve vs. Fiorentina: Mehr als ein Spiel

Christian Schenzel

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