25.02.2015 16:38 Uhr

Rampenlicht: Gekommen, um zu bleiben

Viele bekannte Gesichter spielen weitgehend unbeachtet von der deutschen Presse im Ausland. Heute blickt weltfussball auf die Achterbahnfahrt eines deutschen Nationalspielers, einen torgefährlichen Ex-Hannoveraner und ein österreichisches "Enfant terrible". Jetzt spielen alle drei im selben Klub auf der Insel und wagen einen Neuanfang.

Liverpool, Manchester, Birmingham: Umringt von nicht nur für ihre Fußballklubs weltbekannten Städten, fristet Stoke-on-Trent ein eher unauffälliges Dasein in den englischen Midlands. Nationale Bekanntheit genießt der Geburtsort von Robbie Williams vor allem durch die seit dem 17. Jahrhundert dort angesiedelten Töpfereien. Die geschwärzten Backsteingebäude sind auch der Ursprung für den Spitznamen des lokalen Profiklubs Stoke City: the potters. Der neueste "Töpfer" in Stoke ist Phillip Wollscheid.

Die Achterbahnfahrt des 25-Jährigen hat in der Premier League ein vorläufiges Ende gefunden. 2009 war Wollscheid vom Fünftligisten Saarbrücken zum damaligen Bundesligisten 1. FC Nürnberg gewechselt. Drei Jahre später holte Bayer den Innenverteidiger für sieben Millionen Euro nach Leverkusen, wo er zum Stammspieler avancierte und 2013 sogar sein Nationalelf-Debüt feiern konnte. Soweit der Aufstieg. Nach einigem Verletzungspech und ohne Aussicht auf Spielpraxis fand sich Wollscheid zu Beginn dieser Saison in einem Leihgeschäft bei Mainz 05 wieder, das jedoch für beide Seiten unbefriedigend im Dezember 2014 frühzeitig endete.

Nun also Stoke City. Zwischen dem Beginn der Leihe am 7. Januar und Wollscheids erstem Spiel lagen gerade mal vier Tage. Stoke verlor mit 0:3 bei Arsenal, aber der Junge aus Wadern stand auf Anhieb in der Startelf. Seitdem bestritt er alle Spiele über 90 Minuten, feierte in sechs Partien bereits drei Siege und wurde im Duell gegen Leicester City sogar zum "Man of the Match" gewählt.

Bei Fans und Mitspielern kommt der sympathische und sprachbegabte Deutsche gut an und auch Trainer Mark Hughes bescheinigte seinem neuen Schützling von Beginn an Ehrgeiz im Training und eine vielversprechende Leistung in seinen ersten Partien. In Leverkusen und Mainz schon abgeschrieben, will Wollscheid selbst jetzt Taten sprechen lassen. Mehrfach betonte er bereits, dass er sich in Stadt und Team schnell eingefunden habe und äußerst wohl fühle. Auf dem Platz will er jetzt Gründe dafür liefern, dass Stoke die Kaufoption über 3,8 Millionen Euro für den noch an Leverkusen gebundenen Verteidiger zieht: "Ich stehe hier in England noch am Anfang. Mein kurzfristiges Ziel ist es, mich durch meine Einsätze für einen möglichst schnellen permanenten Wechsel zu empfehlen", erklärte Wollscheid gegenüber "Sport1".

Zurück auf die Insel

Anders als Wollscheid, scheint ein weiterer Bekannter aus der Bundesliga dort anzuknüpfen, wo er in Deutschland aufgehört hat: Mame Diouf wechselte vor der Saison zu den Potters, nachdem er schon zwischen 2009 und 2011 in der Premier League bei Manchester United unter Vertrag stand. Für Hannover 96 erzielte der Senegalese in der abgelaufenen Spielzeit acht Tore und vier Vorlagen - und das, obwohl ihn eine Schulterverletzung in der Rückrunde lange außer Gefecht gesetzt hatte. Schmerzlich war die nicht nur für den Stürmer, sondern auch für die Niedersachsen, die im Saisonendspurt ohne ihn auskommen mussten. Für Stoke traf der wieder genesene Torjäger in 22 Partien bislang sechs Mal, zuletzt per Kopf zum wichtigen Ausgleich beim Auswärtssieg gegen Aston Villa.

Beim Afrika Cup schied der 27-Jährige mit seinem Team bereits in der Gruppenphase aus. In Stoke drückte man ihm derweil die Daumen, wartete aber auch mit Ungeduld auf seine Torgefahr. Diouf genießt das Vertrauen des Trainers, der ihm große Entschlossenheit im Angriffsspiel attestiert. Die könnte man auch bei seinem Ex-Klub gebrauchen. Die Hannoveraner Torausbeute ist mit nur 25 Treffern in der laufenden Saion recht mau. Mame Diouf wird den 96ern nicht helfen. Er schnürt die Stiefel jetzt für Stoke City an der Trent.

Bad Boy ganz zahm

An der Weser hingegen sorgte Marko Arnautović früher eher mit nächtlichen Autorennen und überheblichen Sprüchen für Schlagzeilen, anstatt sportlich zu brillieren. Einem Polizeibeamten soll der Österreicher bei einer Kontrolle mal mit "Du hast mir gar nichts zu sagen. Ich verdiene so viel, ich kann dein Leben kaufen!" entgegnet sein. Bei Stoke erlebt man seit einem Jahr die 180-Grad-Drehung des Angreifers, dessen fußballerisches Talent oft im Schatten seiner Extravaganzen stand. In der Premier League bestritt er letzte Saison beinahe jedes Spiel für die Potters, erzielte 14 Scorer-Punkte und wurde von den eigenen Anhängern zehn Mal zum Spieler des Spiels gewählt. Auch in der laufenden Saison zählt Coach Hughes in den meisten Partien auf den Flügelflitzer, der bislang allerdings noch ohne Torerfolg geblieben ist.

Der Troublemaker von Bremen als Publikumsliebling in England? Der 25-Jährige selbst erklärt: "Ich bin ruhiger, ich bin geduldiger. Ich gehe nicht mehr so viel auf Dinge ein, bei denen ich früher explodiert bin. Jetzt bin ich in einem Alter, in dem ich weiß, wo es langgeht". Außerdem, so Arnautović im Gespräch mit der "Kronen Zeitung", habe er jetzt ein Kind und könne sich somit nicht mehr so benehmen "wie ich mich vielleicht mit 18 oder 19 benommen habe". Es scheint also, als habe selbst das ewige Sorgenkind Marko Arnautović im beschaulichen Stoke-on-Trent zu sich gefunden.

Das Motto der Stadt lässt sich in ihrem Wappen wiederfinden: "Vis Unita Fortior" - Gemeinsamkeit ist die Stärke. Die drei ehemaligen Bundesligaprofis Wollscheid, Diouf und Arnautović scheinen in dem unscheinbaren Ort ihre Zukunft neu gestalten zu wollen - als Teil eines Kollektivs, das Stoke City heißt.

Kevin Brüssel

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