19.12.2014 11:00 Uhr

Andrej Kramarić: Gejagt von halb Europa

Noch im Trikot von HNK Rijeka: Goalgetter Andrej Kramaric
Noch im Trikot von HNK Rijeka: Goalgetter Andrej Kramaric

Andrej Kramarić zählt aktuell zu den torgefährlichsten und begehrtesten Spielern Europas. Seinen Klub HNK Rijeka wird er im Winter wohl verlassen. In welche internationale Top-Liga sein Weg führt, ist allerdings noch offen.

Der finale Abgang verlief unspektakulär: Am letzten Spieltag der kroatischen Liga vor der Winterpause war in der Nachspielzeit Schluss für Andrej Kramarić. Beim 2:1-Auswärtssieg bei NK Zagreb wurde der Goalgetter ausgewechselt. Für die Tore von Rijeka hatten diesmal andere gesorgt.

Zwar verlängerte der Tabellenzweite der 1. HNL den Vertrag seines wertvollsten Angestellten am Donnerstag per Option bis 2017. Glaubt man übereinstimmenden Medienberichten, steht dessen Abschied im Januar aber dennoch fest. "Kramarić können wir nur halten, wenn wir ihn festbinden würden", gab Rijekas Vereinspräsident Damir Mišković erst unlängst zu.

England, Italien, Spanien oder doch in die Bundesliga?

An Offerten für den Stürmer wird es nicht mangeln. Zu eindrucksvoll ist seine Torquote: 21 Mal traf er im ersten Halbjahr 2014/2015 in 18 Ligaspielen, insgesamt siebenmal in Qualifikationsrunde und Gruppenphase der Europa League. Nur Cristiano Ronaldo schoss im europäischen Vergleich in diesem Zeitraum mehr Tore. Ganz billig dürfte die Verpflichtung Kramarićs also nicht werden. Von einer kolportierten Ausstiegsklausel in Höhe von 2 Millionen Euro wird er aus Loyalität zu seinem jetzigen Klub wohl keinen Gebrauch machen.

Mit seinem bevorstehenden Abschied aus der Heimat geht Kramarić offen um. "Ich schlafe nachts wegen des Wechsels nicht, denke ständig darüber nach", erzählt er. "Vor mir liegt die wichtigste Entscheidung meines Lebens. Ich werde mir alle Angebote genau anschauen und dann mit klarem Kopf entscheiden, was ich tue."

Auf dem ganzen Kontinent wuchern Spekulationen, wohin es den Knipser ziehen könnte. In der Verlosung sind so klangvolle Namen wie Chelsea, Arsenal, Atlético Madrid und Juventus Turin. Aus der Bundesliga sollen der VfL Wolfsburg, Bayer Leverkusen, Borussia Mönchengladbach und Borussia Dortmund interessiert sein. Vor allem der kriselnde Vizemeister denkt laut einem "Bild"-Bericht von dieser Woche intensiv darüber nach, mit Kramarić neuen Schwung in seine lahmende Offensivabteilung zu bringen.

Kämpfer mit Killerinstinkt

Das Potenzial, um auch in einem ambitionierteren Klub seine beeindruckenden Leistungen zu bestätigen, hat der vierfache Nationalspieler. Neben seinem untrüglichen Torinstinkt zeichnet ihn vor allem sein Kampfgeist aus. Obwohl mit 1,78 Meter optisch wenig furchteinflößend, geht der Angreifer auch mal dahin, wo es weh tut.

Zudem ist der gelernte Mittelstürmer in der Offensive flexibel einsetzbar. Dem Rechtsfuß kommt dabei zugute, dass er auch mit links durchaus respektabel kicken kann. Mit 23 Jahren ist er außerdem noch längst nicht am Ende seiner Entwicklung angekommen. "Kramarić ist bereit für den nächsten Schritt", meint auch Nationalmannschaftskollege Tin Jedvaj, der momentan in Leverkusen für Furore sorgt.

"Alles was ich will, ist eine Garantie, dass ich spiele"

Ein Wechsel des heiß Umworbenen zu einem absoluten Spitzenteam scheint trotz seiner Anlagen allerdings unwahrscheinlich. Bei der Wahl seines zukünftigen Arbeitgebers zählt für Kramarić nicht in erster Linie Geld oder Prestige, sondern vor allem die Aussicht auf regelmäßige Einsätze. "Alles was ich will, ist eine Garantie, dass ich spiele, dass ich in der Mannschaft ein Stammspieler bin. Ohne diese Garantie gibt es keine Unterschrift", sagt er.

Denn der Youngster ist ein gebranntes Kind: Bei seinem Heimatverein Dinamo Zagreb hatte er zu Beginn seiner Profikarriere keine echte Bewährungschance erhalten. Aufgerückt in die erste Mannschaft von Kroatiens erfolgreichstem Klub war er mit 18 Jahren, vielen Vorschusslorbeeren, dem Ruf als Supertalent - und einer unglaublichen Bilanz von mehr als 450 Toren im Jugendbereich. Gerüchteweise stand ihm bei Dinamo aber vor allem sein angeknackstes Verhältnis zum mächtigen Vereinsboss Zdravko Mamić im Weg.

Abschied als bester Spieler Kroatiens

Erst über eine Leihe zum kleinen Stadtrivalen Lokomotiva im Frühjahr 2012 und den Wechsel nach Rijeka knapp anderthalb Jahre später gelang Kramarić der Durchbruch: 15 Toren in seinem ersten Jahr als Stammspieler ließ er 16 Treffer in der vergangenen Spielzeit folgen. Diese Werte sind jetzt schon nach der Hälfte der Saison pulverisiert. Für die Konkurrenz in Kroatien ist Kramarić inzwischen schlicht eine Nummer zu groß.

Anfang dieser Woche wählten ihn die Mannschaftskapitäne aller kroatischen Erstligisten bei der traditionellen Abstimmung von "tportal.hr" folgerichtig mit großem Vorsprung zum Spieler des Jahres der 1. HNL. Eine Ehre, die in der Vergangenheit unter anderem auch schon Luka Modrić und Mario Mandžukić zuteil wurde. Kramarić wird den beiden international derzeit renommiertesten Landsleuten wohl bald auf die große Fußballbühne folgen.

Tobias Knoop

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